Samstag, 23. Dezember 2017

Das Wichtigste ist das Fundament



Endspurt! Die letzten Einkäufe erledigen. Wohnung putzen. Geschenke einpacken. Backen. Kochen. Zum Ausruhen bleibt kaum Zeit. Schon gar nicht, sich zu besinnen, Freunde zu treffen. Das
habe ich mir anders vorgestellt. Seit Tagen will ich ein paar freie Tage genießen, unerledigte Dinge aufarbeiten und endlich mal wieder in Ruhe schreiben. Doch daran ist nicht zu denken. Und nun? Was ist Weihnachten - für uns ganz persönlich - in dieser hektischen Zeit? Was machen wir daraus? Lassen wir uns mitreißen von diesem Wahnsinn, der letztendlich nur dieses kranke System noch kranker macht? Oder setzen wir etwas dagegen?

Und dazu die quälende Frage: Was schenkt man den Kindern bzw. Enkelkindern zu Weihnachten? In einer Zeit des Überflusses, in der man scheinbar alles kaufen kann, was das Herz begehrt. In einer Zeit, in der die Marktwirtschaft Nachfragen erzeugt, die es eigentlich gar nicht gibt. Man muss nur das entsprechende Kleingeld haben. 

Was kann ich anders machen? Womit kann ich Freude bereiten? Die Kreativität und Fantasie meiner Enkelkinder beflügeln und ihnen gleichzeitig Wertschätzung vermitteln? Wie sät man Begeisterungsfähigkeit und Leidenschaft? Und wie schafft man es, dass sie Freude darüber empfinden können, etwas durch eigenes Zutun - sei es mit dem Kopf oder mit den Händen - geschaffen zu haben?




Ich hatte lange nachgedacht und machte mich am letzten Wochenende endlich auf den Weg in die Innenstadt von Rostock, wo auf dem größten Weihnachtsmarkt Norddeutschlands der Bär steppte und Menschen aus Nah und Fern und gar aus Skandinavien anlockte. Ich verstand nicht ganz, was so bemerkenswert an diesem Ereignis war, immerhin findet man seit Jahren konstant die gleichen Buden - mit vielen Dingen, die der Mensch eigentlich nicht braucht - am gleichen Platz. Es war so voll, dass es an manchen Stellen kaum möglich war, vorwärts zu kommen. Was trieb die Menschen an, hierher zu kommen? Wollten sie alle nur wie ich die letzten Gaben kaufen? 

Augen zu und durch, sagte ich mir und steuerte zielsicher einen Spielzeugladen an, um eine große Duploplatte zu kaufen. Denn immer, wenn ich bei meinen Enkeln zu Besuch bin und wir stundenlang die Lego- und Duplobausteine aufeinanderstecken, um ein Haus zu bauen, fehlt uns eine große Platte. Mein Vater hatte uns Kindern oft die Worte meines Großvaters, der Maurer gewesen war, ans Herz gelegt: "Das Wichtigste ist das Fundament". Und in der Tat, dieses Fundament, die Grundlage für die Stabilität des Hauses, konnten wir nun legen. Und damit die beiden Jungen nach der Grundsteinlegung ihrer Fantasie freien Lauf lassen können, kaufte ich noch einen Eimer mit einzelnen Bauelemente wie Türen und Fenster dazu.

Ich weiß, das wird am 24. Dezember ein langer Abend werden. So wie früher, als ich das mit meinen Kindern tat und sie Häuser errichteten - bunt und anders, als sie diese oft aus der Realität kannten. Die aber dabei lernten, wie beglückend es sein kann, nach alternativen Gestaltungsmöglichkeiten abseits des Mainstreams zu suchen.

Und wer bringt morgen die Geschenke? Der Weihnachtsmann? Nun, ich habe mir etwas anderes einfallen lassen. Ich bzw. meine Kasperlepuppen werden ein neues Theaterstück aufführen: "Das gestohlene Geschenk". Am Ende sind dann hoffentlich alle Geschenke bei demjenigen, für den sie gedacht sind.

In diesem Sinne:

Fröhliche Weihnachten!





Montag, 6. November 2017

Kleine Festivalnachlese:

Nachdem gestern die DOK zu Ende gegangen ist, möchte ich Euch noch auf zwei bzw. drei Filme hinweisen, von denen hoffentlich zwei in die Kinos kommen.



(Quelle: DOK Leipzig 2017)


Zum einen auf die israelisch-deutsche Koproduktion „Muhi – Generally Temporary“. Erzählt wird die Geschichte des sechsjährigen Muhi aus dem Gazastreifen. In diesen kleinen Jungen habe ich mich sofort verliebt. Bitte schaut Euch auf Youtube das Lächeln dieses Jungen an, der sein ganzes bisheriges Leben in einem israelischen Krankenhaus verbrachte.


https://m.youtube.com/watch?v=8AfZl-GedyQ


Er leidet an einer Autoimmunkrankheit, aufgrund derer ihm mit zwei Jahren beide Füße und Hände amputiert werden mussten. Besonders beeindruckt hat mich an diesem Film die Darstellung der liebevollen Beziehung zwischen Muhi und seinem Großvater. Denn aufgrund des Konfliktes zwischen Israel und dem Gazastreifen als Teil des Palästinensischen Autonomiegebietes kann er nicht bei seiner Mutter leben.

Dieser ermutigende Film wurde am Sonnabend mit der Goldenen Taube im Deutschen Wettbewerb ausgezeichnet. Ich hoffe, wir können ihn bald im Kino sehen.




(Quelle: DOK Leipzig 2017)


Riesig freue ich mich auch darüber, dass der Film "Wildes Herz" von Charly Hübner, einem meiner Lieblingsschauspieler, und Sebastian Schultz vier Preise abgeräumt hat. Ein sehr authentischer Film, der beweist, dass Mecklenburg-Vorpommern noch "nicht komplett im Arsch" ist, wie es in einem der Songs der antifaschistischen Rockband "Feine Sahne Fischfilet" heißt. Jan "Monchi" Gorkow, der Protagonist des Films, hat einen weiten Weg hinter sich vom Hansa-Rostock-Hool zum Sänger der Band, die auch schon mal im Verfassungsschutzbericht des Landes auftauchte.


Zum Beispiel wegen eines Songs wie "Wut".

"Das Lied ist auch daraus entstanden, dass jeder Nazi-Marsch von der Polizei durchgeprügelt wurde,

selbst gegen die größten Blockaden. Wenn in Demmin vor fünf, sechs Jahren kein Mensch gegen die Nazis demonstriert hat, und jetzt da 500 Leute sich auf die Straße setzen, und die Polizei 200 Neonazis mit Fackelaufmarsch am 8. Mai, am Tag der Befreiung, durchprügeln mit Wasserwerfern, Landtagspolitikerinnen dort angreifen, Antifaschistinnen angreifen, dann hat man einfach das Gefühl von Hilflosigkeit und das Gefühl von 'Fick Dich, Bulle'."

Auf der Seite der DOK Leipzig heißt es dazu:

"Gegen diese Hilflosigkeit, die zur aktuellen Stimmung im ganzen Land passt, hilft ironischerweise: dieser Film. Helfen die Geschichte und das entschiedene Engagement von Monchi und seiner Band."

Der Film "Wildes Herz" steht meiner Meinung nach im krassen Gegensatz zu "Montags in Dresden". Der Film wurde auf der DOK in der Osthalle des Leipziger Hauptbahnhofs gezeigt. Die Plätze auf den Stühlen reichten nicht, auch nicht die auf den Treppen. Die Leute aller Altersgruppen saßen auf Kissen auf der Erde, viele standen, die Erwartung an den Film war groß. Meine zumindest jedoch wurde enttäuscht. Auch wenn die Regisseurin Sabine Michel versuchte, sich den Protagonisten sehr persönlich zu nähern - sie hat drei Pegida-Demonstranten über ein Jahr lang begleitet und sie sehr persönlich befragt. Überzeugen und die wirklichen Ursachen von Pegida aufdecken - das gelang ihr nur unzureichend.

Mein Hauptkritikpunkt an dem Film ist aber, dass Sabine Michel den Film beendet mit den Worten, sie hätte den Menschen zwar zugehört, sie teile aber deren Ängste nicht, das sei nicht ihre Welt. Sie werde deshalb wieder aus Dresden fortgehen. Einen Lösungsansatz bietet sie also nicht. Das wurde auch in der Diskussion klar, die im Anschluss an den Film stattfand und in der Sabine Michel mit Allgemeinplätzen auf die Wortbeiträge derjenigen anwortete, die die Ängste teilen bzw. bereit sind, Pegida etwas entgegen zu setzen.

Freitag, 3. November 2017

Abenteuer Deutsche Bahn - eine Fortsetzung 



Nach zwei fast perfekten Tagen hatte ich, nachdem ich meine Fahrkarte in der Hand hielt und nach Rostock mit dem IC ohne Umsteigen durchfahren wollte, irgendwie das Gefühl, dass es so nicht weiterging. Zwei Tage, an denen die Logistik für mich mit überall kurzen Wegen stimmte. Gut, Kleinigkeiten gibt es immer - zum Beispiel die Tür in dem von mir gebuchten Hotel (IBIS budget). Um sie zu öffnen, hätte ich eigentlich vorher drei Wochen in die Muckibude gehen müssen, so schwer war sie. Aber unter Einsatz aller meiner Kräfte gelang es mir.

Aber dann kam es dicke. Wir waren vielleicht eine halbe Stunde von Leipzig entfernt, als unser Zug zum Stehen kam. Lange erfuhren wir nicht den Grund. Schließlich kam die Durchsage, es gäbe einen Schaden am Triebwagen. Alle sollten aussteigen, durch die Unterführung zum anderen Bahnsteig gehen und dort auf den nächsten IC warten, der bis Berlin fahren sollte. Gesagt getan, ich stieg, wie die anderen Fahrgäste auch, aus dem Zug und lief die lange Rampe runter und auf der anderen Seite wieder hoch. Dort angekommen, erfuhr ich, dass der dort wartende Zug völlig überfüllt war und niemanden mehr mitnahm. Außerdem sei "unser" Zug doch wieder fahrbereit und wir sollten zurückgehen. In mir regte sich langsam Unmut, zumal ich mir Gedanken machte, ob ich den Zug auch rechtzeitig erreichen würde. Nur zu gut kannte ich die Mentalität der Leute in solchen Fällen, die dann einfach nur losstürmten. Wie sollte der Zugfahrer wissen, dass da noch eine lahme Ente hinterhergewatschelt kam?

Eine junge Frau mit einem kleinen Kind in einer Sportkarre sprach mich an, ob sie mir meinen Rucksack abnehmen könne. Ich nahm gern an, machte sie aber darauf aufmerksam, dass auch sie dann nicht so schnell sei. Das machte ihr allerdings nichts aus. Wir stiegen also wieder in den Zug, der sich tatsächlich nach einer Weile in Bewegung setzte. Wir hatten inzwischen eine Verspätung von 66 Minuten. Doch die Freude der Weiterfahrt währte nicht lange. Der Zug blieb erneut stehen und wir wurden aufgefordert, den Zug wieder zu verlassen und auf einen anderen Bahnsteig zu wechseln. Diesmal gab es keine Rampe, nur eine Treppe. Aber wieder war die junge Frau an meiner Seite und nahm mir wie selbstverständlich den Rucksack ab.

Wir stiegen in einen ICE, der ebenfalls völlig überfüllt war. Auf den Gängen standen überall Leute, so dass ich nur mit Mühe in den Zug hineinkam. Einer der Passagiere sprach ein junges Mädchen an, mir doch ihren Sitzplatz zu überlassen. Das tat sie auch und wir kamen tatsächlich in Berlin Hauptbahnhof an.  Super. Doch leider fahren momentan nur die ICs und ICEs ab Berlin Hauptbahnhof in Richtung Norden  durch. Mit dem Regio - und etwas anderes  fuhr um diese Zeit nicht mehr - kann man wegen einer Baustelle nur ab Oranienburg nach Rostock fahren. Das heißt, ab Hauptbahnhof musste ich  zunächst mit der S-Bahn nach Friedrichstraße, dort umsteigen und dann nach Oranienburg. Inzwischen ist es 22.38 Uhr. Ich hoffe, den Rest der Strecke schaffe ich ohne Zwischenfälle.

Sandmädchen - Die besondere Filmempfehlung



Manchmal, so erzählt Veronika Raila, fühle sie sich wie ein Monster. Wie ein wütendes Monster. Sie sei wütend, weil sie sich ausgegrenzt fühle. Die junge Frau will die Zuschauer deshalb auf eine Reise mitnehmen und ihnen die Inseln ihrer Wahrnehmung zeigen. Mark Michel, der Regisseur, ist dabei ihr Vermittler. Denn Veronika kann nicht sprechen. Sie kann nur über ihr Schreiben mit anderen Menschen in Kontakt treten. Sie lebt mit Autismus und schweren körperlichen Beeinträchtigungen. Die Ärzte hatten ihren Eltern nach der Geburt gesagt, dass sie so gut wie kein Gehirn hätte. Heute studiert sie Literatur und Theologie und schreibt Gedichte und Geschichten. 


“Ich habe nur das Schreiben um mich mitzuteilen, das Schreiben um meine Gefühle und Gedanken auszudrücken. Das Schreiben ist meine Verbindung zur Außenwelt – hätte ich dieses Schreiben nicht würde ich in der Tiefe eines vergessenen Brunnens sitzen", beschreibt Veronika auf der Internetseite www.sandmädchen.de ihre Situation.

Warum "Sandmädchen"? - Sand wird von Veronika als Metapher verwendet, denn Sand ist instabil, Sand zerbröselt. Das wird im Film sehr beeindruckend bildlich umgesetzt - zum einen durch die Sandmalereien von Anne Löper. Zum anderen dadurch, dass immer wieder Bilder vom Meeressand gezeigt werden - und Veronika auf diesem Sand wie in ihrem Element.

Auch wenn ich schon an vielen besonderen Lebenswegen Anteil nehmen konnte, hat mich das Schicksal von Veronika Raila zutiefst bewegt, insbesondere wie sie es schafft, so lebenszugewandt zu schreiben. Ich habe nach der Filmvorführung mit ihr Kontakt aufgenommen. Wir werden ein Interview per E-Mail führen und ich werde es in meinem Blog http://inklusiv.wordpress.com veröffentlichen.

Donnerstag, 2. November 2017

DOK Leipzig setzt auf Barrierefreiheit


Bildunterschrift: Nachdenklich - Gerald Schuster, Inklusionsbeauftragter der DOK, macht sich die Beantwortung meiner Fragen nicht leicht.

Dass die DOK, das Internationale Leipziger Dokumentar- und Animationsfestival, sich einen Inklusionsbeauftragten leistet, hätte ich nicht unbedingt vermutet. Doch tatsächlich widmet das Festival dem Thema Barrierefreiheit große Aufmerksamkeit. Nicht unbedingt in Hinblick auf die bauliche Zugänglichkeit der Kinos. Da muss man ganz klar sagen, dass die Leipziger Kinos nicht barrierefreier sind als die Kinos anderswo. Oft mangelt es einfach an ausreichend Plätzen für Rollstuhlfahrer, auch Induktionsschleifen findet man kaum. Wenn wir in diesem Fall von
Barrierefreiheit sprechen, geht es vor allem um die Zugänglichkeit der Filme für Menschen mit
Sinnesbeeinträchtigungen.

Für 13 Filme wurde zum Beispiel eine Audiodeskription erstellt. Viele Filme wurden untertitelt. Und in einer Reihe der Streifen sind die Protagonisten Menschen mit Behinderungen. Dabei steht aber nicht ihre Behinderung im Mittelpunkt. Es geht immer um ihre Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Widersprüchen.
Gerald Schuster gab mir bereitwillig Auskunft daüber, inwieweit das Festival das Publikum sensibilisieren kann, sprach über die Vorteile von Audiodeskriptionen und über die App GRETA und STARKS. Das komplette Interview könnt Ihr am 14. November um 13.00 Uhr auf Alex Berlin in der Sendung "Voll normal" hören.




Bildunterschrift: Gerald Schuster und Barbara Fickert im Gespräch über die Barrierefreiheit der DOK

Toll, dass Gerald mir Barbara Fickert vorstellte. Sie bloggt in "Blindgängerin" (www.blindgaengerin.com). Welch passender Name für einen Blog angesichts der Tatsache, dass sie selbst blind ist. Für die DOK kommentiert sie dort eine Reihe von Filmen.
Auch mit Ihr führte ich ein Interview, das am 14. November zu hören sein wird.

Sonntag, 15. Oktober 2017

Hautnah mit den Elefanten - 
Zu Gast im Elefantendorf Platschow


Alle sprachen seit Tagen davon, dass am Sonntag der Sommer zurückkehren würde. Richtig warm und sonnig sollte es werden. Anlass, einen Familienausflug ins Grüne zu planen. Die Frage war: Was kann man bei schönstem Wetter mit zwei kleinen Jungs im Freien anstellen, wenn der Eine noch nicht laufen, sondern nur beobachten kann und der Andere gerade dabei ist, die Welt zu entdecken und vor allem Tiere und Autos liebt. Meine Schwiegertochter schlug das Elefantendorf in Platschow vor, ein kleines Dorf im Süden Mecklenburg-Vorpommerns an der Grenze zu Brandenburg, nur etwa 15 Kilometer von der Ausfahrt 15 (Parchim) bzw. 16 (Suckow) der A24 (Hamburg-Berlin) entfernt. Hier lebt auf einem ehemaligen Bauernhof Familie Frankello mit afrikanischen und asiatischen Elefanten und vielen anderen Tieren: Kamele, Watussi-Rinder, Lamas, Esel, Enten, Hasen und vieles mehr.


Meine Schwiegertochter war diejenige unter uns, die sich traute, auf einem der Elefanten zu reiten.




Ein besonderes Highlight waren auch die aus der RTL-Show „Das Supertalent“ bekannten  Seelöwen „Itchy“ und „Scratchy“. Die Vorführungen mit den Seelöwen und die Zirkusvorführungen mit den Elefanten finden mehrmals täglich statt und sind im Eintrittspreis enthalten.


 



Neben den vielen Tieren, die es zu entdecken gab, fand der kleine Emil ausreichend Gelegenheit zum Spielen. Man konnte auch etwas zu Essen kaufen. Wir hatten allerdings vorgesorgt und unser Picknick selbst mitgebracht. Dafür gab es genügend Tische und Bänke, auf denen man sich niederlassen und verweilen konnte.


Den nahegelegene Parkplatz konnten wir kostenfrei benutzen. Zugegeben, für mobilitätseingeschränkte Besucher war der Weg durch das Elefantendorf nicht ganz einfach. Es gibt zwar auf dem ganzen Gelände keine Treppen. Aber es empfiehlt sich eine Unterstützung beim Rollen über Kopfsteinplaster, Wiese und Sandboden. Es gibt hier aber sogar eine rollstuhlgerechte Dixie-Toiletten und einen Baby-Wickelraum. Hunde dürfen angeleint mitgebracht werden. Für sinnesbehinderte Menschen gibt es leider keine Angebote.



Samstag, 7. Oktober 2017

Auf der Suche nach einem barrierefreien Urlaubstipp   
                - touristische Angebote auf der REHACARE -



Ehrlich gesagt: Insgesamt war das touristische Angebot nicht so wirklich üppig auf der REHACARE. Aber so war es auch schon in den Jahren zuvor. Warum das so ist, weiß ich nicht. Liegt es an den hohen Standpreisen auf der Messe? Ist die Nachfrage nach barrierefreien Urlaubsangeboten zu gering? Oder gibt es gar zu wenige Offerten? Fakt ist, dass es in Deutschland insgesamt knapp zehn Millionen Menschen gibt, die mit einer Behinderung leben. Hinzu kommen die zahlreichen Angehörigen und all diejenigen, die in Zukunft altersbedingt auf barrierefreie Angebote angewiesen sein werden. Aus meiner Sicht eine bedeutende Zielgruppe, die durchaus auch über das nötige Kleingeld verfügt, um zu reisen.




Dass die Nachfrage groß ist, bestätigte mir Annette Rösler,  Projektmanagerin „Tourismus für Alle“ beim Tourismusverband Mecklenburg-Vorpommern. Sie berichtete, dass am Stand "Barrierefreies Reisen in Deutschland" kräftig der Bär steppte und dass das Interesse - besonders an einem barrierefreien Urlaub an der Ostseeküste - sehr groß war. 
(https://www.auf-nach-mv.de/barrierefrei)




Am gleichen Stand fand ich auch die Arbeitsgemeinschaft Barrierefreie Reiseziele in Deutschland. Dieses Netzwerk besteht aus Tourismusdestinationen, die sich der Barrierefreiheit in besonderem Maße verschrieben haben. Auch hier war meiner Beobachtung nach die Nachfrage groß. Ich persönlich bekam einen sehr interessanten Reisetipp. So wird noch in diesem Jahr in der Lausitz ein weiterer künstlicher See fertig geflutet sein. Man muss sich vorstellen, dass die Lausitz vor mehr als 100 Jahre vor allem durch die Braunkohle geprägt war. Das ist bald vorbei. Stattdessen entsteht hier die größte künstliche Wasserlandschaft Europas. Zehn Seen sind inzwischen touristisch nutzbar, also für Wassersport und zum Baden geeignet. Ein Dutzend Gewässer befindet sich „in der Flutung“, in ein paar Jahren sollen zehn Seen über Kanäle miteinander verbunden und schiffbar werden. Auf einer Pressereise im Jahre 2012 hatte ich bereits Gelegenheit, mir diese höchst zukunftsträchtige Landschaft anzusehen. Da ist es eigentlich an der Zeit, vor Ort nach dem Stand der Dinge zu sehen, oder?



Von besonderem Interesse ist aus meiner Sicht auch, dass die Hansestadt Rostock seit Anfang dieses Jahres zu den nunmehr zehn Regionen gehört, die sich in der AG Barrierefreie Reiseziele zusammengeschlossen haben. Eine Stadt, die wirklich viel zu bieten hat - und das sage ich nicht nur als gebürtige Rostockerin. Erst durch die Altstadt bummeln und dann am Stadthafen sitzen und einen Sonnenuntergang genießen, in Warnemünde lecker Fisch essen und danach einfach nur am Strand sitzen und den Blick über das Meer bis zum Horizont schweifen lassen - das ist einfach wunderbar.

Ich möchte an dieser Stelle ein paar weitere, wenn auch wenige Reisetipps geben.

SERVICE:

1 - Das HausRheinsberg stellte sich nach einem Relunch mit neuem Namen vor: Seehotel Rheinsberg - das barrierefreie Haus mit seinen zahlreichen Arrangements für jede Jahreszeit:
https://www.hausrheinsberg.de/

2 - Imminkhoeve (deutsch: Imminkhof) ist ein Ferienhof in der Provinz Overijssel mit in jeder Hinsicht behindertengerechten Unterkünften und einem Pflegehotel.
http://www.imminkhoeve.nl/de/homepage/ 

3 - Und nun noch ein Tipp für alle Wassersportler und solche, die es werden wollen:
Sailwise aus den Niederlanden bietet seit vielen Jahren Urlaub und Wassersport für Menschen mit Behinderungen an. Alle Einrichtungen, Unterkünfte, die Wassersportinsel Robinson, der Katamaran Beatrix und der Zweimastklipper Lutgerdina sind auf die Bedürfnisse von behinderten Menschen angepasst. Die Urlaubs- und Freizeitangebote werden von qualifiziertem Fachpersonal begleitet und unterstützt. Ich habe auf jeden Fall in Düsseldorf schon einmal Probesitzen in einem der Segelboote gemacht. (Foto siehe oben)
https://sailwise.nl/de/





Mittwoch, 4. Oktober 2017

Ein interessantes Angebot für mehr Mobilität







Wie ich bereits berichtete, bin ich auf der Suche nach einem Handbike, um meine Mobilität langfristig zu erhalten. Leider gibt es in diesem Jahr nicht viele diesbezügliche Angebote auf der REHACARE. Stricker und Speedy sind zum Beispiel nicht in Düsseldorf. Fündig wurde ich aber bei Wollturnus aus Dänemark. Die Rahmen ihrer Rollstühle und Handbikes werden angeblich aus den stärksten Materialien hergestellt - aus Aluminium 7020 T6, der stärksten schweißbaren Aluminiumlegierung, dessen Festigkeit alle Titanlegierungen übertrifft. Ich testete dieses Bike auch draußen und war ziemlich begeistert, auch von der Wendigkeit des Rollstuhls an sich..
Ein Video könnt Ihr Euch ansehen unter:
https://www.facebook.com/margit.glasow 

Nachteil: Der Rollstuhl von Wollturno hat zwar eine Hilfsmittelnummer in Deutschland, das Handbike, das übrigens in Spanien hergestellt wird, allerdings noch nicht, die ist erst beantragt worden. Meine Suche geht also weiter. 





Ich testete noch ein anderes Gefährt - und zwar der Firma Moretti aus Italien, allerdings ein reines E-Vorspannbike. Ich fand es recht stylisch, kommt für mich allerdings nicht in Frage weil es
kein Sportgerät ist und keine Hilfsmittelnummer hat. Der Preis liegt bei etwas über 3.000 €.


Montag, 2. Oktober 2017


Erfurt - Erinnerung an meine Reise im Jahre 2012



Immer wenn ich an meine Reise nach Erfurt im Jahre 2012 zurückdenke, kommt mir vor allem eines in Erinnerung: die eigens für mich von der Erfurt Tourismus & Marketing GmbH organisierte Stadtführung. Ich war nach Erfurt gereist, weil ich für das Magazin inklusiv! - Das Gesellschaftsmagazin für alle diese Stadt mit ihren Unterkünften, ihren kulturellen Angeboten und dem ÖPNV hinsichtlich der Barrierefreiheit unter die Lupe nehmen wollte. Der Stadtführer Matthias Gose gewährte mir damals einen tiefen Einblick in die geschichtliche Entwicklung der Stadt und zog in den vier Stunden unermüdlich immer wieder eine neue Story über Erfurt aus der Tasche. Toll war auch, dass ich für diese Stadtführung von der Klama GmbH einen Elektro-Scooter zur Verfügung gestellt bekommen hatte. Zu Fuß hätte ich vieles niemals sehen und erleben können.

Besonders beeindruckte mich bei der Stadtführung der Besuch der Mikwe - ein jüdisches Ritualbad aus dem 13. Jahrhundert, das 2007 von Archäologen entdeckt wurde. Ich fand den Gedanken interessant, dass dieses Bad zwar vor allem der Reinigung von ritueller Unreinheit durch Untertauchen diente, aber gleichzeitig natürlich unweigerlich auch der Hygiene. Mikwen unterliegen im Bau und in der Nutzung bestimmten Regeln. So muss vor allem das Wasser, das später zur rituellen Reinigung benutzt werden soll, besondere Anforderungen erfüllen. Es muss fließendes Wasser sein, das heißt, dass nur Wasser natürlichen Ursprungs für diesen Zweck genutzt werden kann. Frauen sollen die Mikwe am Vorabend der Hochzeit, nach der Menstruation oder der Geburt eines Kindes besuchen.





Auf die Entdeckung der Mikwe sind die Erfurter sehr stolz und möchten sie natürlich allen Erfurtern und Besuchern zeigen. Ein moderner Schutzbau dient der Sicherung des Gebäudes. Das Ritualbad kann im Rahmen von gebuchten und öffentlichen Führungen besichtigt werden. Die Gestaltung des barrierefreien Zugangs entwickelte sich zunächst nicht ganz einfach. Aber nun konnte ich bequem mit dem Scooter hineinfahren.



Es war die Krämerbrücke,

diese kleine, nur 120 Meter lange beschauliche Brücke mit ihren 32 Fachwerkhäusern, in die ich mich bei einer Reise nach Erfurt vor vielen Jahren sofort verliebte: Als ich durch die kleinen Lädchen für Kunsthandwerk und Antiquitäten bummelte, in die Fenster schaute und dabei die zum Teil wunderschön bemalten Decken bestaunte. Als ich dem Duft der exotischen Gewürze folgte und das erste Mal die Pralinen aus der Goldhelm Schokoladen Manufaktur probierte. Obwohl es für mich schon ein wenig mühsam war, diese Gewölbebrücke, die über die Gera führt, hinaufzukommen und anschließend die Gassen und Plätze der Altstadt im Umfeld der Krämerbrücke abzulaufen – und das teilweise auf Kopfsteinpflaster. Da drängte sich mir schon die Frage auf, ob der Besuch einer Stadt wie Erfurt mit einem knapp drei Quadratkilometer großen mittelalterlich geprägten Altstadtkern mit etwa 25 Pfarrkirchen und zahlreichen Bürgerhäusern überhaupt empfehlenswert für Menschen, egal mit welcher Art von Beeinträchtigung, ist. Immerhin befinden sich Sehenswürdigkeiten wie der Dom St. Marien oder die Citadelle Petersberg auf einer nicht gerade sanften Anhöhe. Und auch das Augustinerkloster weist einige mittelalterliche Barrieren auf.








Ich habe mir viele Ecken von Erfurt angeshaut. Natürlich ist - wie in jeder anderen Stadt auch - vieles nicht barrierefrei. Trotzdem lohnt sich ein Besuch, denn es wird viel dafür getan, in dieser Stadt alle Menschen willkommen zu heißen....


SERVICE:

Barrierefreie Unterkünfte:

In der Bildungs- und Begegnungsstätte „Am Luisenpark” der Lebenshilfe Erfurt finden Gruppen, Familien und Einzelreisende optimale Voraussetzungen, um erholsame und erlebnisreiche Tage in Erfurt zu verbringen. Das Haus liegt in einem der schönsten Wohnviertel Erfurts. Das historische Stadtzentrum ist schnell zu erreichen.
14 rollstuhlgerechte Einzel- und Doppelzimmer für 18 Rollstuhlfahrer, zum Teil mit Pflegebetten

Evangelisches Augustinerkloster zu Erfurt
Die Begegnungs- und Tagungsstätte weiß sich in klösterlicher Tradition einem schlichten Lebensstil verbunden. Die ruhige und friedliche Atmosphäre in den einfach und hell möblierten Zimmern – die weder mit TV, Radio noch Telefon ausgestattet sind – bietet Raum zum Abschalten nach einem ausgefüllten Tag.
Zugang über Rampe (Augustinerstraße), ebenerdiger Zugang zur Kirche, Innenhof ebenerdig erreichbar, 1. Obergeschoss des Klosters mittels Aufzug
1 rollstuhlgerechtes Zimmer


Info:
Weitere barrierefreie Unterkünfte finden Sie in der Broschüre „Erfurt – erlebbar für alle“
oder unter Tel. (0361) 66 40 202; assistentin@erfurt-tourismus.de.



Barrierefreie Freizeitangebote/Sehenswürdigkeiten:

Stadtführungen
Sie erleben einen Spaziergang durch die Altstadt mit Krämerbrücke, Rathaus, Universitätsviertel, vorbei an den Patrizier- und Fachwerkhäusern sowie dem monumentalen Ensemble von Dom und Severikirche. Die Führungen werden entsprechend ihren individuellen Wünschen und Bedürfnissen gestaltet. Für mobilitätseingeschränkte Gäste wird eine Tour mit der Niederflurbahn oder dem Altstadtbus empfohlen.

Für eine individuelle Tour für blinde und sehbehinderte Menschen steht auch ein I-Guide (audiovisueller Stadtrundgang) zur Verfügung.


Stadtrundfahrten
Ab Domplatz fährt der kleine Bus der Erfurter Altstadttour. Dieses Sightseeinggefährt bietet auch drei bis vier Rollstuhlfahrern Platz (Einstieg hinten mittels einer Rampe). Und es schafft problemlos den Anstieg hinauf auf das Plateau der Festung Petersberg. Dort können sich auch Rollstuhlfahrer gut bewegen und den Blick über Erfurt und das Erfurter Becken genießen.



Dom St. Marien/Severikirche
Zugang/Auffahrt über Lauentor / Severihof (mit Aufnahmegenehmigung bzw. nach Voranmeldung) Eingang über 1 Stufe (10 cm) oder barrierefreier Zugang über Extra-Tür (Nordportal), bitte hierfür das Personal informieren (nach Voranmeldung kann bei Auffahrt mit dem PKW das Fahrzeug auf dem Kirchhof geparkt werden / bitte unbedingt vorher beim Personal erfragen)

Hinweis für blinde und sehbehinderte Menschen: Taktiles Material zum Dom kann in der Dominforamtion oder im Dom direkt ausgeliehen werden

Hinweis für Menschen mit Hörbehinderung:

Nach Voranmeldung ist eine Führung in Gebärdensprache bzw. die Buchung eines Gebärdendolmetschers möglich.



Zitadelle Petersberg
Von der Bastion Philipp ist auch für Rollstuhlfahrer ein schöner Panoramablick auf das turmreiche Erfurt gegeben. Die Bronze-Reliefnachbildung der Festung und ihrer Bastionen am Wachhaus kann gut eingesehen werden. Die Petersberg-Information auf dem Festungsplateau ist ebenerdig zugänglich.
Vom Restaurant "Glashütte", in das auch Rollstuhlfahrer mit dem Aufzug gelangen können, bietet sich eine herrliche Aussicht über die Stadt. (Zugang zum Behinderten-WC im Restaurant Glashütte. Bitte klingeln)



Evangelisches Augustinerkloster zu Erfurt
Besichtigungen sind nur im Rahmen von Führungen möglich. Zugang über Rampe (Augustinerstraße), ebenerdiger Zugang zur Kirche, Innenhof ebenerdig erreichbar, 1. Obergeschoss des Klosters mittels Aufzug



Alte Synagoge
Sämtliche Ausstellungsflächen der Alten Synagoge sind über einen Aufzug barrierefrei zugänglich. Der Besucher wird mit einem Videoguide durch das Haus geführt, der über eine Hörschleife auch für Hörgeschädigte nutzbar ist. Sehgeschädigte können eine Tastführung über die Museumspädagogik des Hauses buchen.



Theater Erfurt
Zugang über Theaterplatz sowie über die Eingänge Abendkasse Martinsgasse und Bergstrom (Studiobühne). Alle Eingänge barrierefrei und ebenerdig.
Die 4 Rollstuhlplätze sind über einen behindertengerechten Aufzug zu erreichen.
Drei Behindertenparkplätze befinden sich direkt am Haupteingang des Theaters (nicht in der Tiefgarage).
Auf mehr als 50 % der Plätze sind Induktionsschleifen für Hörbehinderte verlegt, diese sind im Sitzspiegel markiert (von der vierten bis zur achtzehnten Parkett-Reihe). Untertitel werden bei ausgewählten Inszenierungen über der Bühne mit Projektion angezeigt.



Thüringer Landessportzentrum
Vor den Toren der Landeshauptstadt Erfurt wurde im Herbst 2009 das Thüringer Landessportzentrum für Menschen mit Behinderungen eröffnet. Das Haus ist im Besonderen auf die Bedürfnisse von Rollstuhlfahrern ausgerichtet und steht allen Gästen offen. Ebenfalls bietet das Haus optimale Voraussetzungen für Sportwettkämpfe oder Trainingslager.


Info
Weitere Informationen über die Barrierefreiheit der Erfurter Sehenswürdigkeiten erhalten Sie unter:











Donnerstag, 28. September 2017

Vorbereitung auf die REHACARE



Es ist wieder soweit. Am kommenden Mittwoch beginnt die REHACARE. Und ja, ich werde dabei sein. Ich habe insbesondere zwei Ziele in Düsseldorf: Zum einen möchte ich mich umsehen, was es in punkto barrierefreiem Tourismus an Angeboten gibt. Vielleicht finde ich neue Reiseziele, die ich für Euch besuchen und darüber in meinem Blog berichten kann. Als kleine Einstimmung werde ich für Euch am Wochenende noch einmal meine Reise nach Erfurt in Erinnerung rufen, die ich 2014 für das Magazin unternommen hatte. Erfurt ist ja bekanntlich eine der Städte, die Mitglied der AG Barrierefreie Reiseziele ist.

Zum anderen will ich mich auf der Messe in Düsseldorf nach Möglichkeiten umschauen, wie ich meine persönliche Mobilität langfristig erhalten und vielleicht sogar noch verbessern kann. Im Klartext: Ich werde mir Handbikes und andere fahrbare Untersetzer anschauen. Immerhin will ich ja weiterhin in Stadt und Land unterwegs sein. Das Teil muss also auch tauglich sein, um in der DB mitgenommen zu werden. Ich werde Euch ausführlich von meinen Entdeckungen berichten.

Wer Lust hat, in der Zeit von Mittwochvormittag bis Freitagmittag mit mir ein Käffchen in der Presselounge oder anderswo rund um die Messe zu trinken, kann sich gern bei mir melden.
Ich freue mich auf Euch.

Sonntag, 24. September 2017

Gegen die Höhenangst - Stück für Stück dem Himmel entgegen




Es war der 2. August. Mein Zug nach Bergen auf Rügen ging früh, schon um 7.00 Uhr. Von dort weiter mit dem Bus bis Prora Forsthaus. Nein, ich wollte an jenem Tag nicht auf den Spuren der Geschichte des "Kolosses von Prora" wandeln. Die Auseinandersetzung damit hob ich mir für einen späteren Zeitpunkt auf. Ich wollte auch nicht darüber befinden, ob es umweltverträglich war, hier mitten in die Natur einen Baumwipfelpfad zu setzen. In die Beantwortung dieser Frage wollte ich mich ebenfalls ausfühlich vertiefen. Ich wollte mir die Sache ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Barrierefreiheit anschauen. Hatte ich doch schon einiges darüber gehört, dass in dieser Beziehung nicht alles optimal umgesetzt worden sei.

Zunächst versuchte ich allerdings, das Knurren des Busfahrers, der an diesem Tag wohl besonders schlechte Laune hatte und von jedem Touristen genervt zu sein schien, zu ignorieren. Der Humor sitzt halt hier oben manchen Leuten nicht gerade auf der Zungenspitze. Den muss man mitunter von ganz tief unten ausbuddeln. Ich wollte mir den Tag aber nicht verderben lassen, denn die Sonne schien endlich einmal ausgiebig, was ja in diesem Sommer nicht allzu oft der Fall war. Frohen Mutes marschierte ich los, immer in der Mitte des Holzweges, der sanft bergan führte. Ich ließ dabei die mächtigen Baumkronen der Buchen auf mich wirken - meine Höhenangst hielt sich noch in Grenzen. Die Besucher können sich hier in einer Höhe von 4 bis 17 Metern über dem Erdboden einen Eindruck der Tier- und Pflanzenwelt des umgebenden Buchenmischwaldes und von den Erlenbrüchen verschaffen.

Ich lief auf dem insgesamt 1.250 Meter langen Pfad an verschiedenen Erlebnisstationen vorbei. An einer Wasserpumpe konnte man zum Beispiel durch Kurbeln nachempfinden, welche Kraft ein Baum aufbringen muss, um Wasser über die Wurzeln bis in die Baumwipfel zu transportieren. Ich selbst probierte das nicht aus, sondern schaute den Besuchern dabei zu, während ich einen Moment auf einer Bank verweilte. Viele Gruppen und Einzelwanderer waren unterwegs, alle interessiert und fröhlich.





Aber dann stand ich vor dem 40 Meter hohen Aussichtsturm, der - erklimmt man ihn - einen weiten Blick in die Rügener Landschaft erlaubt. Sollte ich da hinauf? 1000 Meter waren abermals angezeigt. Ein für mich weiter Weg, denn ich war ja schon ein Stück gelaufen .Ich entschied mich, so weit zu gehen, bis ich nicht mehr konnte - oder bis meine Angst mich übermannen würde. Ich konnte ja jederzeit umkehren. Doch je höher ich kam, umso mehr reizte es mich, weiter zu gehen. Ich schaute immer geradeaus, nur nicht hinunter blicken. Nein, dann durchströmte es mich fast schmerzhaft wie ein elektrischer Impuls. Nur noch zwei Rundungen, nur noch eine....




Oben. 82 Metern über dem Meeresspiegel. Ich schaute in die Ferne, auf das Wasser, erahnte die Kirchturmspitze von Stralsund und die Pylonen der Rügenbrücke. Der Turm wurde einem Adlerhorst nachempfunden, mit etwas Glück soll man von hier die heimischen Seeadler der umliegenden Wälder auf ihren Ausflügen beobachten können. Für mich aber zählte vor allem das Hochgefühl, diesen anstrengenden Marsch bis hier oben geschafft zu haben. Für mich an eine Grenze gekommen zu sein. Und die Weite empfinden zu können.



IGELKRITIK:
Der Baumwipfelpfad ist aus meiner Sicht nur bedingt barrierefrei. Wer den Pfad im Rollstuhl erklimmen will, muss relativ fit und ausdauernd sein, es sei denn, er bekommt Unterstützung. Was ich nicht verstanden habe, ist die Tatsache, dass es nur am Ende des Rundganges einen Fahrstuhl gibt. Man muss also zunächst alle Steigungen überwinden, bevor man den Fahrstuhl nutzen kann. Für blinde oder sehbehinderte Menschen habe ich - außer an der Bushaltestelle - kein Blindenleitsystem finden können. Das ist ein absolutes Manko.


Samstag, 23. September 2017

Rückfahrt nach Hause


Neun Tage Krankenhaus lagen hinter mir. Würde die Rückfahrt klappen? Immerhin konnte ich mich noch nicht wie gewohnt belasten. Ich brauchte also jemanden, der mich mit samt meines Koffers in den Zug setzte, ohne dass ich mich groß anstrengen musste.

Rat kam von einer Grünen Dame. Ich kannte diese ehrenamtlichen Damen und Herren, die wohl  schon seit über 40 Jahren bundesweit kranke und hilfebedürftige Menschen in mehr als 600 Krankenhäusern und Altenhilfe-Einrichtungen besuchen, bisher nicht. Eine dieser Damen stand eines Morgens in meinem Zimmer und ich dachte mir, Fragen kostet nichts. Sie reagierte überaus freundlich und versprach, sich kundig zu machen. Eine Stunde später erschien sie erneut und übergab mir ein kleines Zettelchen - mit der Telefonnummer der Bahnhofsmission. Am Vorabend meiner Entlassung rief ich dort tatsächlich an. Und erhielt die Zusage, dass man mich mit meinem Gepäck zum Zug bringen würde. 

Als größter Unsicherheitsfaktor erwies sich die Frage, ob die Ärzte es schaffen würden, mir bis 9.30 Uhr die Entlassungspapiere zu übergeben. Und genau in dieser Hinsicht musste ich Druck machen - die Ärzte wussten, dass ich mit dem Zug um 11.09 Uhr ab Kölner Hauptbahnhof fahre wollte, dem einzigen Zug, der nach Rostock durchfuhr. Trotzdem - ich musste zweimal ins Schwesternzimmmer und an meine Papiere erinnern.

Aber dann lief alles nach Plan. Man brachte mich mit meinem Koffer zum Haupteingang, bestellte ein Taxi, das innerhalb von ein paar Minuten vorfuhr und mich bis zum Domplatz brachte.


Zwei Herren von der Bahnhofsmission erwarteten mich dort in ihren blauen Westen am Taxistand und übernahmen meinen Koffer. Ich hatte ausreichend Zeit eingeplant, so konnte ich in Ruhe eine Fahrkarte kaufen und sogar noch einen Tee in der DB Lounge trinken. Ich musste nur die kurzen Wege laufen und freundlch lächeln. Alle halfen mir. Und so saß ich schließlich im der 1. Klasse des IC nach Greifswald. Der Zug war zwar ziemlich voll und für eine Reservierung war es zu spät gewesen. Aber ich saß und benutzte zunächst meinen Koffer, um mein Bein hochzulagern. Ab Hamburg wurde es dann wie erwartet leerer. Pünktlich um 17.06 Uhr traf ich in Rostock ein. Fast zwei Wochen nach meiner Hinfahrt - endlich zu Hause. Mein Sohn erwartete mich und übernahm meinen Koffer. Vor mir lag ein ruhiger Abend mit Familie und gutem Essen.

Sonntag, 17. September 2017

Krankenhauskost - Kost, die kostet









Aus dem Salat wurde nichts. Frischer Salat am Wochenende in der Cafetería - ein Fall von denkste. Aus Frust stopfte ich mir zwei Stückchen Kuchen rein. Ganz ohne Nachdenken. Einfach nur mal wieder satt sein.


Nicht, dass das Krankenhausessen nicht eh schon schlecht wäre. Nein, ich hatte noch zwei Intoleranzen bei der stationären Aufnahme angegeben. Denn immerhin wirkt sich zum Beispiel eine Histaminintoleranz auch darauf aus, welche Medikamenten gegeben werden dürfen. Da war es wichtig, das anzugeben, auch wenn ich dafür in den meisten Fällen, auch bei einigen Ärzten, fragende Blicke erntete.


Meine Angaben hatten aber insbesondere eine Überfoderung der Diätassistemtin, die hier für jeden Patienten einen individuellen Speiseplan

erstellt, zur Folge. Im Gegensatz zu meiner Bettnachbarin bekam ich diese Person allerdings in allen Tagen meines Aufenthaltes nicht zu Gesicht.

Fühlte sie sich meinen etwaigen Fragen nicht gewachsen? Warum ich zum. Beispiel zum Frühstück jeden Tag ein Weizenbrütchen und eine

Roggenbrotschnitte mit Margarine und - für Brötchen und Stulle zusammen - einen Becher Honig bekam? Ohnehin nicht sehr üppig - wollte man, dass ich endlich ein paar Pfunde verlöre? Allerdings weiß jeder, der sich nur ansatzweise mit dem Problem der Nahrungsmittelunverträglichkeiten beschäftigt, dass Backwaren Milch enthalten und Honig Histamin. Zum Abendessen bekam ich wieder zwei Stullen mit Margarine, einer Scheibe - ebenfalls für beide Stullen zusammen - löchrigen Käses und einem kleinen Becher Pflaumenmus. Ab und zu einen laktosefreien Pudding oder Fruchtjoghurt. Auch das geht bei Histamin gar nicht. Das Mittagessen ohne jegliche Gewürze inklusive Salz - ich wusste gar nicht, dass ich herz- oder nierenkrank war.


Ich erhob Einspruch und bat darum, zum Frühstück nur noch Obst zu bekommen, immerhin hatte ich Hirseflocken dabei, die man nur mit heißem Wasser übergießen musste. Das zumindest bekam ich auf der Station. Zum Mittag wollte ich weder Fleisch noch Fisch und absolut keine Backwaren, am Abend nur Salat. Es klappte nach zwei Tagen tatsächlich, allerdings weiterhin ohne jeglichen Gewürze. Nun ja, eine schwierige Sache, insbesondere wenn man davon ausgeht, dass gesundes Essen auch zur Gesundung der Patienten beitragen soll.


Aus England kommt zum Beispiel eine Studie, wonach Krankenhausessen die Gesundheit gefährden kann. Das National Institute of Health and Care Excellence, das die Qualität des berüchtigten staatlichen Gesundheitswesens überprüft, hat angeblich herausgefunden, dass ältere Patienten das Krankenhaus oft mit Mangelerscheinungen verlassen. Weil sie das Essen entweder nicht vertragen oder sie es, hilfsbedürftig wie sie sind, nicht zu sich nehmen können.


Es ist schon merkwürdig. Man muss ins Krankenhaus, um gesund zu werden, und dann erkrankt man am Essen. Hierzulande isst übrigens gerade mal die Hälfte der Patienten in Krankenhäusern ihr Mittagessen auf, wie die Deutsche Gesellschaft für Ernährung festgestellt hat. Das wiederum

kann die Heilung verzögern und die Kosten erhöhen. Kein Wunder, dass Essen im Krankenhaus „Kost“ heißt.



























Samstag, 16. September 2017

Zwischenstation Krankenhaus Köln



Es war ein anstrengender Tag gewesen, der 8. September. Ich reiste zum Kongress "Eine Schule für alle. Inklusion schaffen wir" von Rostock nach Köln. Erst die lange Fahrt, dann mit dem Koffer in der einen und zwei Krücken in der anderen Hand ins Hotel, von dort direkt zum Kongress, um bei der abendlichen Podiumsdiskussion dabei zu sein. Als ich anschließend das Unigebäude verließ, regnete es heftig und ich hatte noch einen ziemlich langen Weg vor mir. Ein Taxi nicht in Sicht. Als ich endlich im Hotel war, spürte ich meine Erschöpfung.

Nachdem ich am nächsten Morgen die Hälfte des Weges zur Uni zurückgelegt hatte, beschloss ich, mir vom Kölner Neumarkt ein Taxi zu nehmen, denn ich hatte heftige Schmerzen im Oberschenkel und wollte das letzte, für mich nicht ganz kurze Stück, nicht laufen. Gesagt, getan. Ich stieg in ein Taxi und nannte dem Fahrer meinen Zielort: Hauptgebäude der Uni Köln. Er sah mich erstaunt an und fragte: "Wissen Sie, wie wir fahren müssen?"

"Nein", entgegnete ich. Er kannte den Weg nicht und auch das Navi gab ihm offensichtlich nicht die richtige Antwort, denn wir fuhren immer wieder im Kreis. Irgendwann forderte er mich auf auszusteigen. "Nein", sagte ich abermals entschieden. "Wie sie sehen, kann ich schlecht laufen", und deutete auf meine Krücken. "Außerdem habe ich Schmerzen und wenn sie mich hier mitten in einem mir unbekannten Gebiet rauslassen, habe ich ein Problem."

Ich ließ mir schließlich von einem Passanten auf der Straße den Weg erklären. Auch danach suchten wir noch eine Weile, ich wurde abermals aufgefordert auszusteigen, bis wir schließlich doch auf dem
Albertus-Magnus-Platz ankamen und ich etwa 30,00 € bezahlte statt der für die Entfernung angemessenen etwa 12,00 €. Aber gut, ich schluckte die bittere Pille.

Am Nachmittag machte ich mir zunehmend Sorgen um mein Bein, denn die Schmerzen wurden nicht besser. So beschloss ich, die Angelegenheit doch einem Fachmann vorzustellen, und begab mich in die kasssenärztliche Notaufnahme. Ergebnis: Keine befürchtete Thrombose, Entzündungswerte zwar hoch, aber warum, wusste niemand. Ich durfte wieder nach Hause.

Ich fuhr zurück ins Hotel. Erleichterung stellte sich nicht wirklich ein. Hätte ich darauf bestehen
sollen, zur Beobachtung im Krankenhaus zu bleiben? Ich quälte mich stattdessen auch am darauffolgenden Tag zum Kongress, hielt bis zum Schluss durch und begab mich am Nachmittag wieder ins Hotel. Dann erst einmal was essen. Als ich mir am Abend mein Bein anschaute, wusste ich, dass ich handeln musste: Es war heiß, rot und dick angelaufen. Ich packte meine Sachen, rief mir
ein Taxi und fuhr ins Krankenhaus. Diagnose:Venenentzündung.

Nun bin ich nach einer knappen Woche Krankenhausaufenthalt auf dem Weg der Besserung. Ich habe die Tage genutzt: Ich habe viel nachgedacht, vor allem, was ich verändern muss und kann, um weiterhin mobil zu bleiben. Und ich habe endlich mal wieder in Ruhe ein Buch gelesen. Vor allem habe mir einen persönlichen Eindruck davon verschafft, was sich hinter dem Wort "Pflegenotstand" verbirgt. Darüber werde ich in meinem nächsten Blogbeitrag berichten.


Mittwoch, 30. August 2017

Wie barrierefrei ist die IGA 2017 in Berlin?



Heute war ich auf der IGA in Berlin, um für einen Artikel zu recherchieren, der in Kürze im Magazin PARAlife erscheinen wird. Um Euch neugierig darauf zu machen, veröffentliche ich an dieser Stelle
schon ein paar kleine Videosequenzen. Und so viel sei - trotz aller Kritik - schon verraten: Ein Besuch lohnt sich, auch im Rollstuhl. Denn nur wenn man selbst vor Ort war, kann man mitreden.


Besonders schön waren die Dahlien. Dazu nehme ich Euch mit auf eine kleine Scooterfahrt:


Interessant war auch der Christengarten:


Der Hochgarten gibt einen Einblick, wie man zum Beispiel auch aus dem Rollstuhl heraus Beete bepflanzen kann:



Und hier könnt ich mich auf der Rückfahrt direkt in der Gondel der Seilbahn begleiten:


Ich hoffe, ich konnte Euch ein wenig neugierig machen. Es wird auf jeden Fall nicht nur um die Frage der Barrierefreiheit gehen, sondern zum Beispiel auch darum, wie sinnvoll Gartenausstellungen für die Regionen sind.