Donnerstag, 3. Mai 2018

Inspiration durch «Fashion Drive. Extreme Mode in der Kunst»



Eins war für mich klar: Wenn ich nach Zürich fahre, muss ich ins 
Kunsthaus. Ich liebe Kunstausstellungen und lasse mich gern inspirieren. Dass ich diesmal auf eine Ausstellung stieß, die mich besonders interessierte, war ein glücklicher Umstand: «Fashion Drive. Extreme Mode in der Kunst». 




Ich muss dazu erklären, dass ich mich in der Vergangenheit lange schwer damit getan habe, meinen eigenen Stil zu finden. Wie sollte es auch anders sein, bekam ich doch als Kind immer nur die Maßgabe, mich so anzuziehen, dass besonders "kritische" Körperteile verdeckt wurden: Auf keinen Fall Röcke, die die Beine frei lassen! Und bitte unauffällig! Immer wurde mir gesagt, was gut für mich war. Das führte dazu, dass ich einfach nur verunsichert war und zielsicher das Falsche wählte. Erst mit den Jahren, aus der 
Überlegung heraus, wer ich denn sein wolle, begann ich, ganz bewusst meinen Charakter - jenseits von gesellschaftlicher Anpassung - in meine Kleidung zu legen. Dabei bemerkte ich, dass mir das nur gelang, wenn ich auf mich selbst vertraute, mir von niemandem reinreden ließ. Anfangs unterliefen mir Fehlgriffe. Aber irgendwann entwickelte ich ein Gespür für mich. 

Ab Zürich Hauptbahnhof nahm ich die Straßenbahn und fuhr direkt bis vor das Kunsthaus. (Nicht alle Straßenbahnen sind barrierefrei, 
Rollstuhlfahrer müssen die Anzeigen beachten.) Punkt 10.00 Uhr 
stand ich vor der Kasse und ich war nicht die Einzige, die direkt zur Kassenöffnung vor Ort war. Nein, es hatte sich schon eine Schlange gebildet. Und ich reihte mich ein, hatte freien Eintritt und konnte mir sogar einen nicht mal allzu großen Rollstuhl ausleihen. Damit fuhr ich entspannt durch die Ausstellung, blieb vor vielen der über zweihundert Leihgaben, darunter spektakuläre Stücke aus dem Louvre, dem Kunsthistorischen Museum in Wien, aus Versailles, dem Schloss Ludwig des XIV. und den Berliner Museen stehen und hörte mir die Einsprecher auf dem Audioguides an.

Über 500 Jahre Modegeschichte im Spiegel der Kunst ließ ich auf mich wirken, warf einen kritischen Blick auf extreme Erscheinungen wie Schlitzmode, Schamkapsel, die Krinoline und den Smoking. 
"Mode", so heißt es auf der Internetseite des Kunsthauses, "ist sowohl ökonomischer Faktor wie Seismograph gesellschaftlicher Befindlichkeiten, Ausdruck von Sehnsucht und Instrument für Ein- und Ausschlussmechanismen. Die Ausstellung mit Schwerpunkt im ausgehenden 18. bis Anfang 20. Jahrhundert und Ausläufern in die 
Renaissance und die Gegenwart interessiert sich für die Erscheinungsformen der Mode in jenem Kippmoment, wo sie extrem, 
schrill, laut, getarnt und verpönt ist. In der heutigen Zeit von Globalisierung und Homogenisierung durch «Fast Fashion» strebt die Ausstellung in einer Tour d’Horizon die kritische wie die sinnliche Betrachtung von Kleidern in der Kunst an, die problematische wie auch subversive Momente der Modegeschichte in den Techniken der Malerei, Zeichnung, Plastik, Installation, Fotografie und Film aufgreifen."

Ja, an diesem Kippmoment, wenn Mode extrem, schrill, laut, getarnt und verpönt oder auch sinnlich wird. Dann, ja spätestens dann hat 
Mode uns etwas zu sagen.

(Weitere Berichte und Fotos über meine Reise in die Schweiz folgen in Kürze.)